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tergram

Re: Aktuelles

#161 Beitrag von tergram » 23.07.2010, 23:00

Cemper,

ich bin -sie wissen das - nur ein schlichter Mensch. Ich erwarte einfach, dass Gott mit uns redet.

Genau so, wie ich das von meinem Vater, meinem Freund, meinem Partner erwarte: Man sieht sich in die Augen und spricht miteinander. So einfach geht das.

Es mag aber sein, dass mit unbedeutendem Menschlein nicht das Recht auf ein Gespräch durch/mit Gott zusteht. Das macht es für mich schwer bis unmöglich, diesen schweigenden Gott zu ehren, anzubeten, gar zu lieben.

In diesem Fall verlasse ich mich statt der imaginären Hand Gottes lieber auf die Hand des Nächsten neben mir - der spricht mit mir, der tröstet, hilft, lindert, weint, lacht mit mir und ist spürbar "da".

Eine weitergehende Überlegung könnte sein, den hilfreichen Nächsten als "ein Stück Gott" zu begreifen und im Fortgang auf den kirchengepredigten Gott zu verzichten. So weit bin ich aber noch nicht.

agape

Re: Aktuelles

#162 Beitrag von agape » 24.07.2010, 00:02

@ Cemper

Danke für den "Schorlemmer" - sehr nützlicher Hinweis! Gute Empfehlung.
Letztens sagte jemand zu mir, dass nach ev.Verständnis, alle Christen auch "Theologen" seien... ;)
Die pers. Erschütterungen hauen mehr oder weniger bei jedem voll zu.
Auch bei den Pastoren und prof. Seelsorgern - es haut immer voll rein,
weil sich die Gefühle von Schmerz, Angst (Einsamkeit) und Liebe eben nicht durch noch so frommes Leben
mal eben beiseite schieben lassen.
Das hat durchaus etwas Beruhigendes für den Rest der Menschheit.


@ tergram

Ja, das kam mir nicht zufällig in den Sinn - das Lied.
Meine Phantasie dazu ist außerdem:
Was würde man fühlen, denken oder sagen, wenn DIESER aus seinem
vermeintlichen Versteck hervorkäme?
Mit seiner MACHT, die die Welt nicht er-trägt und nicht fassen kann?

Möglich, dass einem jegliche Frage an DIESEN zu profan vorkäme.
Jegliche. Auch wenn sie dort einen anständigen Platz hätte.

Aber die Fragen haben HIER unter uns "Menschlein" einen Platz,
und wenn sie uns nur die "Erste Hilfe" wären, zu verstehen, dass Gott keine anderen Hände hat
als unsere. Damit würden wir wenigstens weitgehendst Jesus verstanden haben
und nicht nur Dorothee Sölle, die ihn ganz sicher auch ganz intensiv verstanden hat - glaube ich....
sonst hätte sie nicht das sagen können, was auch nicht zufällig in meiner Signatur steht:

"Jesus war einer der glücklichsten Menschen, der je gelebt hat.
Er gab seine Kraft weiter, verschenkte, was er hatte,
weil er in Übereinstimmung mit sich und seiner Botschaft lebte.
„Ich bin, was ich tue.“ Das bewirkt mystische Erfahrung.
"

Das ist wichtige Ermunterung für uns ChristInnen (oder für uns "Spirituelle" AgnostikerInnen (oder andere))

Liebsten Gruß zur Nacht,
agape

Cemper

Re: Aktuelles

#163 Beitrag von Cemper » 24.07.2010, 10:10

tergram hat geschrieben:Cemper,

ich bin -sie wissen das - nur ein schlichter Mensch. Ich erwarte einfach, dass Gott mit uns redet.

Genau so, wie ich das von meinem Vater, meinem Freund, meinem Partner erwarte: Man sieht sich in die Augen und spricht miteinander. So einfach geht das.

Es mag aber sein, dass mit unbedeutendem Menschlein nicht das Recht auf ein Gespräch durch/mit Gott zusteht. Das macht es für mich schwer bis unmöglich, diesen schweigenden Gott zu ehren, anzubeten, gar zu lieben.

In diesem Fall verlasse ich mich statt der imaginären Hand Gottes lieber auf die Hand des Nächsten neben mir - der spricht mit mir, der tröstet, hilft, lindert, weint, lacht mit mir und ist spürbar "da".

Eine weitergehende Überlegung könnte sein, den hilfreichen Nächsten als "ein Stück Gott" zu begreifen und im Fortgang auf den kirchengepredigten Gott zu verzichten. So weit bin ich aber noch nicht.
Liebe tergram,

die Unterstellung im ersten Absatz weise ich freundlich zurück. Ich weiß nicht (!), dass Sie ein „schlichter Mensch“ sind. Mein Eindruck ist: Sie sind in Ihrer Kindheit mit kindlicher Gläubigkeit und religiöser Sensibilität begabt worden. In späteren Jahren sind Sie dann mit Ihrer Fähigkeit zur genaueren Beobachtung und unterscheidendem Denken sowie Ihrem Vermögen der sprachlich-differenzierenden Darstellung vom kindlichen Glauben zum kindlichen Fragen gekommen. Eine gewisse Kindlichkeit im biblischen Sinne haben Sie sich - vielleicht - bewahrt (so ihr nicht werdet wie die Kinder ...). Dann haben Sie einige Schmerzen der Aufklärung und des Glaubensverlustes erlebt - und nun erwarten Sie, dass Gott mit Ihnen redet oder dass er „sich zeigt“. Sie fordern es von ihm. Vielleicht sehnen Sie sich sogar danach. Zugleich überlegen Sie, „auf den kirchengepredigten Gott zu verzichten“.

Wissen wir, was wir hier tun? Wenn wir die Erwartung, dass Gott redet und „sich zeigt“, in dem Horizont zu verstehen versuchen, der in großen Teilen Horizont unserer Kultur ist, nämlich biblisch, dann erkennen wir, dass Gott - nach der Bibel - redet. Durch seine Rede ist die Welt geschaffen worden. Gott ist im Alten Testament in seinem Wort - in seinem schöpferischen Gebot und der Schöpfung - erfahrbar. Im Neuen Testament klingt das besonders im Johannesevangelium nach. Sie kennen doch die ersten Sätze: „Im Anfang war das Wort, und das Wort war bei Gott, und Gott war das Wort.“ Er - Gott - ist Grund des Seins. Er gibt sozusagen dem Sein das Sein.

Die Schöpfung ist für die Geschöpfe aber keine „reine Freude“; sie ist vielmehr mit Schmerzen verbunden. In diesen Schmerzen fragen viele Menschen in unterschiedlicher Weise nach dem Sein oder nach Gott. Bei einem Vergleich der Weltreligionen wird deutlich, dass beispielsweise Buddhisten das Sein ganz anders wahrnehmen - als Leiden. Christen wollen Gott sehen und hören. Er soll sich zeigen. Sie fordern es von ihm: Gott, zeige dich! Die Heilige Schrift sagt dazu in den Seligpreisungen, dass die, die reinen Herzens sind, selig sind und Gott sehen werden. Das ist - biblisch - die höchste Verheißung. Zu den biblischen Einsichten gehört aber auch: Wer Gott sieht, muss sterben. Das heißt doch wohl, dass die Wahrnehmung Gottes durch affektgeladenes Verhalten erschwert wird und vielleicht sogar durch eine Todeserfahrung geht.

Wenn Sie - und das tun Sie ja - erwarten, dass Gott mit Ihnen redet, dann muss es auch darum gehen, Gott hören zu können. Das Hören Gottes ist eine Umschreibung unseres Verhältnisses zu Gott. Deshalb wird in den Kirchen in Gebeten die Bitte „um sein Wort“ an ihn gerichtet. Es ist die Bitte, dass er - durch dessen Wort im biblischen Verständnis die Schöpfung geworden ist - in uns etwas schafft, das uns erneuert, das uns aufrichtet und Zuversicht gibt. Aber wo hören wir Gott? Welche Voraussetzungen sind nötig? Diese Frage muss jeder für sich beantworten. Er kann es nur, wenn er bereit ist, "Gott zu hören". Eine Voraussetzung dazu ist die Stille. Eine andere Voraussetzung ist das Vertrauen darauf, dass Gott „mit mir“ in der Sprache spricht, die ich verstehe und dass er „da ist“ - in welchen Verhältnissen auch immer. Ich meine, dass hier - in diesem "Gott ist da" - das Vertrauen zu Gott auch in den größten Belastungen und angesichts entsetzlicher Leiden und Widersprüche konkret wird. Zu den Weisheiten der Bibel gehört doch, dass uns Gott mit dem Namen "Ich bin da" und "Ich werde sein, der ich sein werde" vorgestellt wird.

Ich frage mich dabei: Wie weit - in welchen Wirklichkeiten - dürfen oder müssen wir das verstehen? Vor einigen Tagen hatte ich dazu ein "Erlebnis". Ich hatte es mit einem Pastor zu tun. Der Mann war einige Jahre Militärpfarrer. Er war in Kampfeinsätzen in Bosnien und im Kongo. Ich habe mit ihm über seine Erfahrungen gesprochen und über seinen Glauben. Er berichtete, dass er an einem Ort war und an den Rändern der Wege erschossene Menschen gesehen hat. Alles war grausam. Seinen Glauben an Gott hat er dabei - so seine Worte - nicht verloren. Er hätte aber ein anderes Problem gehabt. Er hat in dieser Umgebung der erschossenen Menschen über sein Handy seine Frau in Deutschland angerufen. Und die hat als erstes gesagt: "Der Kühlschrank ist kaputt." - Da hat er an Gott gezweifelt.

Ich weiß, dass eine solche Antwort vielleicht nicht hilfreich ist. Eine Alternative sehe ich (für mich) nicht. Das heißt aber nicht, dass es keine Alternativen gibt.

Ihr HC

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Re: Aktuelles

#164 Beitrag von Andreas Ponto » 24.07.2010, 11:35

Lieber Cemper,

vor ein paar Tagen wurde ich gefragt, wo ich denn persönlich den Sinn des Forums sehe.
Ich habe, zugegeben ausweichend, auf meine ersten Beiträge verwiesen.
Man kann doch eh nur Plattform und Rahmen bieten und hoffen, dass sich das Ganze mit Leben füllt.

Ihr obiger Beitrag hat mich sehr angesprochen. Ein Austausch in dieser Form und über diese Inhalte ist es,
was u.a. weiterbringen kann.

Ich für mich erlebe das Wort Gottes tief in mir. Wenn ich ruhig werde und in mich hinein höre.
Seltenst, erlebe ich eine Ansprache von aussen (Aber auch das habe ich schon ganz konkret erfahren).
Erst in der Reflektion des gelesenen, des gehörten und des gedachten Wortes bewegt sich in mir etwas -
steht das Wort in mir quasi auf.
In der Verknüpfung mit meinem persönlichen Sein, meinem persönlichen Erleben, meiner persönlichen Situation.
Auch bei Abendmahl und Freisprache erlebe ich das so.

Etwas Schlichtheit, kindliches Vertrauen und Demut könnten dabei nicht schaden.
Meistens steh ich mir da aber selbst im Weg.

Wie kann man so eine Erfahrung weitergeben und vermitteln? Wie kann das für den Nächsten erlebbar werden?
Sollte soetwas überhaupt weitergeben werden?

(Kurze Unterbrechung: Buabaspitzle mit Sauerkraut sind grad fertig... Und da ich im Moment solo bin...Weiter geht's)

Was mich in den letzten Tagen zudem sehr berührt und auch weh tut, ist, wie wir gegen unseren Nächsten so hart und unverständig sein können. Und das ist so allgegenwärtig.

Dieses hier scheint einfach nicht attraktiv zu sein:

Friedfertigkeit ohne Bedingung.
Verständnis ohne Rechtfertigung.
Rücksicht ohne Erklärung.

Wie schwer einem das fällt....

Aber gerade damit könnte doch der eine oder andere die helfende Hand Gottes erfahren und erleben.

centaurea

Anne

Re: Aktuelles

#165 Beitrag von Anne » 25.07.2010, 18:05

centaurea hat geschrieben:Was mich in den letzten Tagen zudem sehr berührt und auch weh tut, ist, wie wir gegen unseren Nächsten so hart und unverständig sein können. Und das ist so allgegenwärtig.

Dieses hier scheint einfach nicht attraktiv zu sein:

Friedfertigkeit ohne Bedingung.
Verständnis ohne Rechtfertigung.
Rücksicht ohne Erklärung.

Wie schwer einem das fällt....

Aber gerade damit könnte doch der eine oder andere die helfende Hand Gottes erfahren und erleben.

centaurea
centaurea, vielleicht magst du dich ja mal auf einen "Gedanken-Gang" einlassen; auf "Gedanken hinter den Gedanken" sozusagen...:

Während der "Vor-Gänge" der letzten Wochen hier im Forum kam mir immer wieder die eine Frage in den Sinn: Was ist eigentlich *gut*?

Was sind die guten Eigenschaften und Werte?
Und wodurch, womit sind sie zu verteidigen - rechtmäßig zu verteidigen?

Ich stelle das einfach mal in Frage - wohl wissend, dass Antworten nicht einfach zu finden - und noch schwieriger zu definieren sind. Um diese Frage(n) dreht es sich hier aber auch (im Grunde)... und dir scheinen sie (insgesamt) sehr wichtig zu sein.

Beim Lesen deines Beitrags fiel mir gerade etwas auf. Du schreibst:
Seltenst, erlebe ich eine Ansprache von aussen [...].
Erst in der Reflektion des gelesenen, des gehörten und des gedachten Wortes bewegt sich in mir etwas -
steht das Wort in mir quasi auf.
In der Verknüpfung mit meinem persönlichen Sein, meinem persönlichen Erleben, meiner persönlichen Situation.
Damit beziehst du dich zwar auf das "Wort Gottes", hattest den "Sinn des Forums" davor aber selbst angesprochen. Und ich nehme deine Gedanken mal auf:

Auch im Lesen und Schreiben ist - finde ich - "von außen" schwer erkennbar und noch schwerer zu beurteilen, was "gut" ist oder nicht. Freundliche und nette Worte machen es ja nicht immer aus. Auch hier brauchen wir die "Verknüpfung", von der du oben sprichst, um verstehen und nachvollziehen zu können...

Und das gilt noch viel mehr, wenn in das Geschriebene/Gelesene eingegriffen wird.

Deshalb: Nur Mut, centaurea. Da, wo "du" wächst, geht es auch nicht so ordentlich zu. :wink:

Freundliche Grüße
Anne

Maximin

Stehen und wachsen lassen...

#166 Beitrag von Maximin » 26.07.2010, 12:25

:) Liebe Frau Anne,
manchmal müssen weite Wege gegangen werden um wirklich einfühlsam hinfühlen zu können, schweigend zu dulden und mitteilsam zu verserstehen. Und dann findet sich überraschender weise manchmal auch so etwas Schönes: http://www.rotholl.at/fotos/14304/big/s ... enzian.jpg
Bitte nicht ausreißen! Stehen und wachsen lassen! Vielleicht sollten wir besser unsere vielen Blumenvasen entsorgen. Die riesengroßen und auch die ganz kleinen, statt lieblos in die lebendige Natur einzugreifen...!
Freundlichst Micha :wink:
Zuletzt geändert von Maximin am 27.07.2010, 12:31, insgesamt 1-mal geändert.

tergram

Re: Aktuelles

#167 Beitrag von tergram » 26.07.2010, 15:00

Gaby hat geschrieben:Schaffen wir dies wirklich gänzlich aus eigener Kraft??? Brauchen wir Gott wirklich nicht dazu?
Liebe Gaby,

woran willst du festmachen, welche unserer Fähigkeiten 'aus uns' bzw. 'aus Gott' kommt?
Auch Menschen, die nicht an Gott glauben, sind zum Guten fähig. Woher kommt deren Fähigkeit?

Die meisten Tiere sind 'gut' - zu ihrem (temporären) Partner, zum Nachwuchs, zum Herden-/Schwarm-/Rudelgefährten. Weil 'gut sein' nun mal evolutionstechnische Vorteile verschafft.

Kommt also das Gute in uns wirklich aus Gott?

Cerebron

Re: Aktuelles

#168 Beitrag von Cerebron » 26.07.2010, 16:08

Werte Tergram,

kann nicht auch bei ungläubigen Menschen "das Gute" "aus" Gott kommen?

Gruß
C.E.

tergram

Re: Aktuelles

#169 Beitrag von tergram » 26.07.2010, 16:12

Werter cerebron,
selbstverständlich - wobei die Betonung auf 'kann' im Sinne von 'könnte' liegt. Was aber weder ein zwingender Schluss noch ein schlüssiger Beweis ist... :wink: .
Gruß, t.

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Andreas Ponto
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Re: Aktuelles

#170 Beitrag von Andreas Ponto » 26.07.2010, 16:15

Unter dem Axiom, dass die Schöpfung Gottes ist, ist das Gute doch in der Schöpfung und das Gute in jeglicher Schöpfung kommt aus IHM, oder?
Die nächste Frage wäre dann aber - Was ist das Gute?

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