[=>FR / Hessischer Kulturpreis (26.11.2009)]
Gerade noch einmal die Kurve gekriegt
Und so ging es am Donnerstagabend in Wiesbaden zunächst um Schadensbegrenzung. …[Kermani] war von der Hessischen Staatskanzlei der Preis erst aberkannt und nach einem entwürdigenden und rufschädigenden Hin und Her wieder zuerkannt worden. Koch wandte sich deshalb direkt an Kermani und sagte: "Dafür entschuldige ich mich persönlich und alle, die daran beteiligt waren."
…Damit war der Weg frei für einen glimpflichen Verlauf der Feier. Der Vize-Vorsitzende des Zentralrats der Juden, Salomon Korn, zeigte sich erleichtert und eröffnete seine Rede mit einem Rabbi-Witz. Ansonsten vermied er jede inhaltliche Stellungnahme, bot allerdings eine Deutung des vergangenen Streits an: "Entweder wir "glauben" an die Existenz Gottes oder wir "glauben" an seine Nichtexistenz – beides aber bleibt "Glauben" und damit linear ausgerichteter Beweisführung menschlichen Denkens, das stets auf Annahmen und Voraussetzungen gründet, unzugänglich. Zu welchen Missverständnissen eine Vermischung beider Ebenen führen kann, hat die Kontroverse um die Verleihung des Kulturpreises 2009 anschaulich gezeigt."
…Dann schlug er [Kermani] versöhnliche Töne an und beschwor die praktische Dimension des interreligiösen Dialogs. Als Beispiel nannte Kermani die katholische Gemeinde St. Theodor in Köln-Vingst: Hier bestehe der "Dialog in der Hilfe von Menschen, gleich welcher Religion sie angehören, für Menschen, gleich welcher Religion sie angehören". Abschließend stiftete Navid Kermani sein Preisgeld von 11.500 Euro der katholischen Gemeinde in Köln-Vingst.
Alle "drei Buchreligionen", so Kermani, habe doch ihre Gemeinsames darin: "im Dienst am Nächsten". Wer hätte das gedacht, mit dieser Geste beschämte Kermani die feine Gesellschaft.
Werte DiskursteilnehmerInnen,
Lehmann bedauerte nichts, Steinacker durfte die Nachhut absichern und Koch hat wieder einmal gerade so die Kurve gekriegt

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Es war Salomon Korns Part, jene „Unzulänglichkeiten“

zu erwähnen, wenn unzugängliches Denken auf unzugänglichen Glauben trifft. Er konnte die Missverständnisse, die mit einer Vermischung beider Ebenen einhergehen können – und wo gibt es diese nicht -, an der Kontroverse um die Verleihung des „Kult –Ur-Preises“ anschaulich vor Augen führen.
Auf der einen Seite ist das, sich stets auf Annahmen und Voraussetzungen gründende menschliche Denken. Wer jetzt glaubt, beim Denken wäre dem so und zugleich linear ausgerichtet und beweisgeführt denkt, beim Glauben wäre das aber anders, der könnte schon wieder so einem „kult-ürlichen“ Missverständnis erlegen sein.
Glaube kann zum einen theologisch daherkommen, aber auch total schlüssig un(theo)logisch glaubensgelehrt werden. „Na-türlich“ hat Glaube viel mit Tradition in Wort und Schrift zu tun. Insbesondere die drei Buchreligionen über das Wort Gottes haben im Laufe der Jahre extrem eng etwas mit linear ausgerichteter Beweisführung amtlichen Glaubens, der stets auf Annahmen und Voraussetzungen gründet, zu tun. Vielleicht war Korns Deutung der Rabbi-Witz an und für sich

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Als ich den FR-Artikel über die köchelnde Kulturpreisverleihung gelesen hatte – Kompliment an Kermani -, fiel mir die Würdigung
[=> CID / Desmond Tutus] ein:
„Gott interessiert es nicht, ob wir Christen sind, Muslime oder Hindus! Gott ist kein Christ!“ (Desmond Tutu).
Gemäß christlichem Glauben war Gott „im Anfang“ (zu Urzeiten) eindeutig ein Jude, der einen Bund mit seinem Volk abgeschlossen hatte. Der Zeitpunkt, an dem der Ewige konvertierte, um den Erwartungshaltungen anderer Glaubenskulturen gerecht zu werden, wird in der Bibel nicht so recht deutlich. Sogar sein Sohn wird als Jude geboren und als solcher offensichtlich auch gekreuzigt (INRI). Erst später haben sich dann die Urkirchen entwickelt und weitere ca. 600 Jahre später ist der Islam entstanden. Doch da, plötzlich im 19ten Jahrhundert kam es zur Fortsetzung einer der „Kult-Ur-Kirchen“, der Wiederaufrichtung des Werkes Gottes unter der Führung seiner als Brautzubereiter auserwählten Botschafter auf Erden, den neuapostolischen Gebietskirchenpräsidenten (Aposteln der Endzeit).
Das sind alles in allem Religionen, die mit linear ausgerichteter Beweisführung auf Basis hörensagig überlieferter Fragmente operieren (die stets auf unzulänglichen Annahmen und Voraussetzungen gründen), um die Zugänglichkeit zum Glauben institutionell bewerkstelligen zu können. Und in welcher Religion werden den Gläubigen nicht in irgendeiner Form „die Leviten gelesen“? „Über-na-türliches“ wird da amtlich trans-, kon- oder auch symbolsubstantiativ naturiert, in Form von Architektur manifestiert und als Glaube kommerzialisiert (
Glaubens
kommerzkultur).
Das rigide „Entweder-Oder“, „Tod oder Taufe“ und das jeweilig entsprechend kolorierte Gottesbild gehören zur Grundausstattung der Marketingabteilungen in Gottes Namen einfach dazu. Wenn ich mich als Christ in diesem Moment an die Bergpredigt erinnere, an die diesjährige Aktion Brot für die Welt: „ES IST GENUG FÜR ALLE DA“, an das überlieferte Gleichnis vom barmherzigen Samariter, dann möchte ich hiermit Herrn Kermani nochmals danken, als jemand, der das Gemeinsame der Religionen "
im Dienst am Nächsten" sah.
السلام عليكم as-salāmu alaikum, Friede sei mit euch und shalom